16.04.2016
Pressemitteilung - Anfrage der SPD an die Bundesregierung
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Botulinumtoxin - LD50 Tierversuch vs. Alternativer Zellkulturtest
Offizielle Anfrage der SPD Bundestagsabgeordneten Christina Jantz-Herrmann, Tierschutzbeauftragte der SPD Bundestagsfraktion, an die Bundesregierung
Im Oktober 2015 stellte die Tierschutzbeauftragte der SPD Bundestagsfraktion, Christina Jantz-Herrmann (MdB), das „SPD Positionspapier Tierschutz“ vor. Anlässlich dieser Veranstaltung, zu der die SPD Neu Wulmstorf sowie Svenja Stadler (MdB) interessierte Bürger in Neu Wulmstorf eingeladen hatten, konnten wir die Gelegenheit nutzen, Frau Jantz-Herrmann auf das Thema „Tierversuche für Botulinumtoxin“ aufmerksam zu machen. Für dieses hochgiftige Zellgift werden u. a. beim LPT Tierversuchslabor in Hamburg die besonders grausamen LD50-Tests an Mäusen durchgeführt.
Nachstehend die Fragen von Frau Jantz-Herrmann und die Antworten der Bundesregierung:
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- Über welche Informationen zum Stand der Erforschung von Alternativmethoden zum Test des Nervengiftes Botulinumtoxin verfügt die Bundesregierung?
- Über welche Informationen zum Stand der Verwendung von Alternativmethoden zum Test des Nervengiftes Botulinumtoxin (in Abgrenzung zum Test mit Mäusen) verfügt die Bundesregierung?
Antwort:
Im Juni 2011 erhielt die Firma Allergan Inc. die behördliche Anerkennung für einen zellbasierten Aktivitätstest für ihre Produkte BOTOX® und BOTOX® Cosmetic durch die U.S. Food and Drug Administration und Health Canada. In Europa erhielt Allergan 2012 die Anerkennung dieses Tests im Rahmen der Prüfung der hier auf dem Markt befindlichen Produkte BOTOX® und Vistabel®. Die Firma Merz Pharmaceuticals GmbH erhielt im Juni 2015 von der U.S. FDA und im Dezember 2015 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Zulassung eines zellbasierten Assays für die Arzneimittel Xeomin® und Bocouture®. Die Zulassung des BfArM gilt für die gesamte EU.
Informationen über die Verwendung liegen nicht vor, angesichts des immensen Aufwandes für die Firmen für die Entwicklung und Zulassung der Alternativmethoden, ist davon auszugehen, dass die Alternativmethoden auch angewandt werden.
- Wie wurde die Erforschung von Alternativmethoden zum Test des Botulinumtoxin in der Vergangenheit gefördert und erfolgt aktuell eine Förderung?
Antwort:
Die ZEBET förderte von Dezember 2010 bis Mai 2013 eine Studie zur Wirkung von Botulinum Toxin A in Nerv-Muskel-Gewebekulturen der Eberhard Karls-Universität Tübingen. Die vom BMEL unterstützte Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen (set) förderte von März 2012 bis Februar 2015 das Projekt „Zellkultur-basiertes In-vitro-Verfahren zur Bestimmung der Aktivität von Botulinumtoxin“ von Prof. Püschel, Universität Potsdam. Grundsätzlich ist eine Förderung bei Vorliegen förderfähiger Anträge auch im BMBF-Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierversuch“ möglich.
Daneben wurde 2009 am BfR in enger Zusammenarbeit mit dem BfArM eine international besetzte BoNT Expert Working Group etabliert. Mitglieder sind Vertreter aus Zulassungsbehörden und Validierungszentren sowie Hersteller und Wissenschaftler. Die BoNT EWG hat die Aufgabe, Empfehlungen zur Validierung und behördlichen Akzeptanz von Alternativmethoden zu erarbeiten.
- Wie bewertet die Bundesregierung die variierende Aufgeschlossenheit der Toxin-Hersteller bezüglich Alternativmethoden zum Test dieses Toxins? Sieht die Bundesregierung hier Handlungsdruck bzw. -möglichkeiten?
Antwort:
Die Hersteller von Botulinum-Neurotoxin-Produkten arbeiten in der BoNT EWG mit und widmen sich nach hiesiger Einschätzung dem Anliegen der Entwicklung von Alternativmethoden durchaus engagiert. Die oben beschriebenen behördlichen Zulassungen von Alternativmethoden der Firmen Allergan bzw. Merz zeugen davon. Allergan hat nach eigenen Angaben 65 Millionen Dollar investiert und mehr als zehn Jahre intensiv geforscht. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass Botulinum-Neurotoxin eines der stärksten bekannten Zellgifte ist und die erforderlichen Tests der Patientensicherheit dienen.
- Wie bewertet das BMEL die Möglichkeit einer Finanzierung der Validierung der von Prof. Gerhard Püschel entwickelten Alternativmethode?
Siehe: WDR Fernsehen, Quarks, Sendung über Tierversuche für Botox
Antwort:
Grundsätzlich ist die Förderung der Entwicklung entsprechender Alternativmethoden im BMBF-Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierversuch“ möglich. Die Einreichung entsprechender Anträge ist ausdrücklich erwünscht. Der Antrag von Prof. Püschel wurde in der vorgelegten Form von den Gutachtern jedoch nicht zur Förderung empfohlen.
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Tatsächlich bleiben bei diesen Antworten der Bundesregierung Fragen offen. Die offensichtlichsten Punkte haben wir erneut an die Tierschutzbeauftragte der SPD Bundestagsfraktion, Christina Jantz-Herrmann, weitergeleitet:
1. "...., ist davon auszugehen, dass die Alternativmethoden auch angewandt werden."
Warum kann nicht beantwortet werden, ob die Alternativen tatsächlich angewandt werden oder nicht? Zuständige Institutionen, wie das BMEL bzw. die Kontrollbehörden der Länder sollten informiert sein, ob der Grundsatz zur Anwendung der validierten Alternativen vor dem Tierversuch eingehalten wird. Ansonsten wäre dieses Nichtinformiertsein schon recht bedenkenswert.
Soweit uns bekannt ist, sollen weiterhin trotzdem noch Mäuse beim LPT für die Fa. Merz benutzt werden, wenn wohl auch nicht im gleichen Umfang wie vorher.
Dazu Zitat aus Quelle: Ärzte gegen Tierversuche e. V.
"Marktführer Allergan hat 2011 eine behördliche Zulassung für eine Zellkulturmethode zur Testung seiner Botox-Produkte in den USA und der EU erhalten. Die Frankfurter Firma Merz erhielt im November 2015 eine Zulassung für eine selbst entwickelte Zellkulturmethode. Sowohl bei Allergan als auch Merz ersetzen diese Verfahren allerdings zunächst nur eine Testart (so genanntes Batch-Testing). Die zu einem geringeren Prozentsatz durchgeführte andere Testart (Bulk-Testing) wird nach wie vor an Mäusen vorgenommen. Beide Firmen streben eigenen Angaben zufolge einen vollständigen Ersatz an."
2. Warum wurde "... das Projekt „Zellkultur-basiertes In-vitro-Verfahren zur Bestimmung
der Aktivität von Botulinumtoxin“ von Prof. Püschel, Universität Potsdam" von 2012 - 2015 gefördert, das Validierungsverfahren im Endeffekt dann anschließend nicht. Welche Interessen stehen dahinter, dieses Projekt nicht zu fördern und zur anerkannten Nutzung zu bringen?
3. Beim LPT in Hamburg lässt auch die Fa. Eisai ihre Botulinumprodukte an Mäusen testen. Hier scheint es noch keinerlei Bemühungen hin zu einer alternativen Testmethode zu geben.
Dazu Zitat aus Quelle: Ärzte gegen Tierversuche e. V.
"Die Hersteller Ipsen und Eisai führen nach wie vor bei allen Testarten Tierversuche durch. Der Hersteller Eisai testet sein Präparat NeuroBloc beim Hamburger Auftragslabor LPT und hat allein für 2014 eine Genehmigung für Versuche an 60.000 Mäusen bekommen."
Unsere Initiative wird am Ball bleiben und berichten, sobald uns neue Informationen zur Verfügung stehen.
Lobby pro Tier – Mienenbüttel
Initiative für tierversuchsfreie Forschung